Smart Factory in Lemgo: Bosch Rexroth setzt auf Industrie 4.0
19. Januar 2015
Innovationsnetzwerk: Wissenschaftsforen von SPD und CDU im Vergleich
23. Januar 2015

Vertrauensbarometer: Deutsche haben Angst vor Innovation

Transparenz ist entscheidend auf dem Weg zu mehr Vertrauen beim Kunden.

Autonome Fahrzeuge, Bitcoins als Zahlungsmittel, Lebensmittel aus dem 3D-Drucker und Drohnen als Paketdienst? Für viele Deutsche geht das zu schnell.  Was für den einen die Zukunft ist, bereitet dem anderen schlaflose Nächte.

In Deutschland ist die Angst vor neuen technischen Entwicklungen besonders deutlich ausgeprägt. Das ist eines der zentralen Ergebnisse des Edelman Trust Barometers 2015, einer Umfrage zum Thema Vertrauen in und Glaubwürdigkeit von Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Wirtschaft und Medien.

In Deutschland sagen 57 Prozent der Befragten, die Geschwindigkeit, mit der neue Geschäftsideen entwickelt und sich Produktwelten verändern, sei zu hoch. Nur 21 Prozent bewerten Innovationszyklen als zu langsam. 

Auch global stehen die Menschen der sich immer schneller verändernden Technologielandschaft skeptisch gegenüber: 51 Prozent der 33.000 Befragten in 27 Ländern gehen Veränderungen zu schnell.

Der schmale Grat zwischen Innovation und Kundenbindung

„Unternehmen stehen damit vor einem Balanceakt: Sie müssen innovativ sein, um ihre Zukunft abzusichern. Gleichzeitig laufen sie Gefahr, ihre Kunden zu verlieren, wenn sie Geschäftsideen, Produkte und Dienstleistungen zu schnell weiter entwickeln und nicht ausreichend erklären“, sagt Susanne Marell, CEO von Edelman Deutschland. Doch was bereitet den Deutschen solche Sorgen?

Laut Edelmann ist das geringe Vertrauen in Innovationen Teil eines allgemeinen Vertrauensrückgangs in Deutschland. Der Trust Index sank gegenüber dem vergangenen Jahr um sieben Prozentpunkte auf 50 Prozent.

Gründe sind laut Edelmann die deutlichen Rückgänge des Vertrauens in Unternehmen (minus zwölf Prozentpunkte), NGOs (minus zehn Prozentpunkte) und Medien (minus neun Prozentpunkte). 

„Nachdem die deutsche Wirtschaft in den Augen der Menschen in den vergangenen Jahren ein Garant für Stabilität war, sehen wir in den Ergebnissen des Trust Barometers 2015 wieder deutlich mehr Unsicherheit", sagt Susanne Marell. Das Innovationsklima in Deutschland spielt aber eine besondere Rolle.

Weltweite Krisen sind mitverantwortlich für Vertrauensverlust

„Neben der instabilen Lage in der Gesamtwirtschaft, zum Beispiel durch die Folgen der Ukraine- und der Euro-Krise, trägt die Skepsis der Deutschen in Bezug auf Innovationen zu diesem signifikanten Vertrauensrückgang bei", so Marell.

„Vertrauen entscheidet über wirtschaftlichen Erfolg. Um es aufzubauen, müssen Unternehmen intensive Dialoge mit Verbrauchern führen sowie die Vorteile ihrer Innovationen erklären“, rät Susanne Marell. Außerdem wollen deutsche Kunden ernst genommen werden.

„Sie müssen aktiv zuhören und das Feedback der Kunden in Produkte oder Dienstleistungen integrieren.“ Hier könnte Crowdsourcing also eine Lösung sein. Ein Produkt an dem der Kunde selbst mitgewirkt hat genießt möglicherweise einen Vertrauensvorschuss. 

Denn laut Edelman Trust Barometer 2015 gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen allgemeinem Vertrauen (Trust Index Wert) und der Bereitschaft, Innovationen anzunehmen.

Cloud Computing, Fitnesstracker und Mobile Payment haben es schwer

Blickt man genauer auf ausgewählte technologische Neuentwicklungen, dann zeigen sich teils eklatante Vertrauenslücken: So steht zum Beispiel die Informationstechnologie vor einer großen Herausforderung in Sachen Glaubwürdigkeit: Cloud Computing vertrauen nur 30 Prozent (weltweit 55 Prozent), mobilen Gesundheits- und Fitnessmessern nur 33 Prozent (weltweit 59 Prozent), elektronischen und mobilen Zahlungsdiensten immerhin 48 Prozent (weltweit 69 Prozent).

Die Zahlen zeigen aber auch: Eine hohe Glaubwürdigkeit einer Branche bedeutet nicht automatisch, dass die Menschen allen Produkten oder Dienstleitungen vertrauen, die Unternehmen dieser Branche anbieten.

Während zum Beispiel der Technologiebranche das höchste Vertrauen entgegengebracht wird, trauen nur 37 Prozent der Befragten in Deutschland Technologieunternehmen zu, dass sie Cloud Computing Dienste verlässlich implementieren können.

Transparenz ist entscheidend

„Unternehmen können sich nicht auf einem hohen Vertrauenswert für die Branche ausruhen, sie müssen sich Vertrauen immer wieder neu verdienen und ihren Beitrag innerhalb der Gesellschaft kommunizieren, insbesondere, wenn sie innovative Angebote schaffen“, sagt Susanne Marell von Edelmann Deutschland.

Neben dem Vertrauensrückgang in Unternehmen verlieren auch CEOs an Glaubwürdigkeit. Mit nur 28 Prozent ist das Vertrauen in sie gegenüber dem Vorjahr um neun Prozentpunkte gesunken. Gerade die CEOs sieht Susanne Marell jedoch in der Pflicht.

„Der CEO als Chief Engagement Officer, der verantwortungsvoll handelt und offen kommuniziert, ist nicht in Sicht. Dabei ist er derjenige, der das Vertrauen in sein Unternehmen lenken muss“, sagt Marell. „Er trägt die Verantwortung für das Vertrauen der Verbraucher in Innovationen.“

Innovative Unternehmer sollten also darauf achten, ihre Kunden nicht zu überfordern. Wer den Verbraucher schon in den Entwicklungsprozess mit einbezieht kann Sorgen und Zweifel berücksichtigen und umgehen. 

———————-

Was denken Sie? Haben Sie Angst vor Innovationen wie 3D-Drucker, Fitnesstracker oder Smartglass? Sollten Unternehmen ihre Produkte besser erklären? Diskutieren Sie mit!