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Roboter im Behördendschungel

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Künstliche Intelligenz könnte Behördengänge vereinfachen. Doch es fehlt die digitale Infrastruktur.

Die Wirtschaft ist begeistert von Künstlicher Intelligenz. Auch in der öffentlichen Verwaltung gibt es viele Einsatzmöglichkeiten. Doch die Behördenchefs sind skeptisch. Dabei könnten lernende Programme ihnen die Arbeit sehr erleichtern.

Künstliche Intelligenz (KI) dringt in immer mehr Lebensbereiche vor. Die Hoffnung: Programmierer können auch anspruchsvolle Prozesse automatisieren und den Menschen das Leben einfacher machen. So verfassen lernende Systeme bereits in Pilotprojekten juristische Schriftsätze oder diagnostizieren Krankheiten . Weit verbreiteter sind heute schon Sprachassistenten wie Apples Siri oder Amazons Alexa.

Dementsprechend begeistert ist die Wirtschaft. 80 Prozent aller Entscheider können sich vorstellen, das KI-Anwendungen ihre Arbeit erleichtert, wie die Beratungsfirma Sopra Steria Consulting mit Hilfe einer Studie ermittelt hat. Eine andere Gruppe ist aber weitaus kritischer: In der öffentlichen Verwaltung kann sich das nur jeder Vierte vorstellen.

Dabei könnten die smarten Programme schon heute eine Reihe von Aufgaben übernehmen. Sie könnten simplere Verwaltungsvorgänge erledigen und Akten bearbeiten; Chatbots selbst Kundengespräche übernehmen.Den Mitarbeitern bliebe mehr Zeit für komplexere Vorgänge, die die Technik oft noch überfordern.

Warum also die Vorbehalte in den Ämtern? „Anders als Unternehmen können Verwaltungen weniger experimentell vorgehen. Der Nutzen muss konkret und absehbar sein“, sagt Thomas Walsch, Experte für Digitale Transformation bei Sopra Steria.. Vor der Arbeitserleichterung stünden meist erst einmal erhebliche Investitionen an Geld und Zeit .

Mitarbeiter müssen geschult werden. Zum einen, damit sie mit den Anwendungen umgehen können. Und zum anderen, weil sie statt wie bisher Routineaufgaben komplexere Jobs erledigen sollen.

Außerdem ist die öffentliche Verwaltung bisher digital nicht besonders gut aufgestellt. Im EU-Vergleich liegt Deutschland nur auf Platz 20, wie der Normenkontrollrat jüngst feststellte. Einheitliche IT-Systeme fehlen und viele Akten und Daten sind noch gar nicht elektronisch archiviert und dementsprechend für Künstliche Intelligenz nicht nutzbar.

Das bedeutet aber nicht, dass die Behörden gar nichts tun. Bund und Länder arbeiten aktiv daran, die Verwaltung insgesamt zu digitalisieren. Dazu kommen Pilotprojekte, zum Beispiel beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Es testet derzeit eine Software zur Dialekterkennung, mit der sich einfacher und sicherer überprüfen lässt, woher Asylbewerber kommen. Zudem gibt es Überlegungen, Mitarbeiter in Jobcentern von der Routineberechnung staatlicher Leistungen für Empfänger von Arbeitslosengeld II zu entlasten. Aktuell ist jeder zweite der rund 20.000 Mitarbeiter damit befasst. „Mögliche Einsatzgebiete für Robotic Process Automation und künstliche Intelligenz gibt es genug, vor allem bei Routinearbeiten in großer Stückzahl“, sagt Thomas Walsch.

Es wird also noch ein wenig dauern, bis wir im Bürgeramt mit Maschinen kommunizieren. Doch der Anfang ist gemacht. Und spätestens wenn sich Anwendungen in der freien Wirtschaft bewährt haben, könnten auch Verwaltungen bereit sein, das Risiko einzugehen und vermehrt Künstliche Intelligenz nutzen.