Mittelstand: Die innovativsten Handwerker Deutschlands

Innovationen im deutschen Handwerk mögen weniger spektakulär sein – wichtig sind sie aber dennoch. Nicht umsonst titelt die Imagekampagne Das Handwerk mit dem Slogan „Die Wirtschaftsmacht von nebenan“. Fast eine Million Handwerksbetriebe und mehr als fünf Millionen Handwerker in Deutschland sprechen eine deutliche Sprache.

Zurück zum Stuck

Für so eine richtig edle Altbauwohnung im hippen Berlin-Mitte muss es schon echter Stuck sein. Nicht dieser schlechte Abklatsch aus Styropor, sondern feinster Zierstuck aus Wasser und Gips. Denn mehr steckt häufig nicht hinter den plastischen Deckenverzierungen, die ursprünglich im Barock und Rokoko ihre Blüte feierten. Stuckateure sind heute längst keine virtuosen Künstler mehr, sondern bodenständige Gesellen und Meister, die häufig für den Massenmarkt produzieren.

So wie die Firma AH Stuck aus Heilbronn. Für die serielle Verarbeitung von natürlichem Stuck hat Axel von der Herberg, Stuckateurmeister und Geschäftsführer des Betriebs, drei Jahre lang geforscht. Bisher war es nicht möglich Stuck in großen Mengen und vollautomatisiert herzustellen. Axel von der Herberg hat dafür eine Lösung gefunden. Seine Stuckproduktionsanlage ist mehrfach patentiert und erlaubt es das empfindliche Produkt seriell herzustellen. Styropor ist damit nicht mehr nötig – darüber freut sich auch die Umwelt.

Preis-Routiniers

„Die HesoMatic-9 ist Energiequelle, Steuerungs- und Zuführeinheit in einem einzigen Kompaktgehäuse.“ Das klingt für Sie nach Raumfahrttechnik? Weit gefehlt! Es handelt sich um eine ausgefeilte mobile Bolzenschweiß-Station der Firma Soyer. Der Clou an dem Gerät ist die Platzersparnis, da die Verkabelung von Einzelkomponenten entfällt. Ein gewollter Nebeneffekt des kompakten Systems: die Fehlerquote sinkt und die Störanfälligkeit nimmt ab. Das schont die Nerven und den Geldbeutel.

Mit dem Bundespreis für hervorragende innovatorische Leistungen im Handwerk ausgezeichnet zu werden, ist für die Familie Soyer beinahe schon Routine. Elf Mal seit 1989 wurde das Familienunternehmen Soyer Bolzenschweißtechnik aus Wörthsee bereits mit dem Preis des Wirtschaftsministeriums geehrt. Während das Personal dort in den elf Jahren eher unbeständig war, steht die Familie generationsübergreifend hinter der Firma – mittlerweile in der dritten Generation.

Super Mario!

Der Beruf des Klempners rangiert in der Vorstellung der meisten Menschen wohl irgendwo zwischen Super Mario und Gas-Wasser-Scheiße. Für Leszek Sliwa trifft das jedoch nicht zu. Seine Firma ist „ein moderner zuverlässiger Handwerks- und Design Planungsbetrieb in München, der mit Sorgfalt die Renovierung Ihrer Bäder, Wohnung oder Sanitär-Installation übernimmt.“, wie es auf der Internetpräsenz des Betriebs heißt. Gleich zwei patentierte Waschtische befinden sich in der Produktpalette der Firma Sliwa aus München.

Das erste Modell aus der Produktlinie Vanity ist ein Waschtisch aus Glas. Die Innovation? Es fehlen Becken, Fallrohr und Siphon. Und es kommt sogar noch besser: Bei Bedarf verschwindet die Platte einfach in der Wand. Das spart enorm viel Platz und macht den Waschtisch zum ersten barrierefreien seiner Art. Das zweite Modell treibt die Idee auf die Spitze, denn der Tisch lässt sich schnell auf- und zuklappen.

Zugegeben: es handelt sich nicht gerade um selbstfahrende Autos oder sprechende Kühlschränke. Aber im Gegensatz zu den Designstudien großer Konzerne sind diese Innovationen zeitnah umsetzbar und bringen einen handfesten Nutzen.

Der Bundespreis für herausragende innovatorische Leistungen im Handwerk wurde am 16. März in München verliehen. Insgesamt wurden zehn Handwerksbetriebe ausgezeichnet. Auffällig ist, dass die Mehrzahl der Betriebe aus Bayern stammt. Am innovativen Klima mit „Laptop und Lederhose“ scheint also etwas dran zu sein.