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Digitalisierung krempelt Logistikbranche um

Die Zahl der Logistik-Startups ist im vergangenen Jahr stark gestiegen.

In der Logistik verändert der technische Fortschritt mit Riesenschritten das Geschäft. Deutsche Unternehmer reagieren auf den neuen Trend teilweise noch zu vorsichtig.

Mehr Transparenz, individualisierte Produkte, flexiblere Lieferzeiten: Im Zeitalter der Digitalisierung steigen die Anforderungen der Kunden an die Logistikbranche. Bisherige Branchenriesen wie DB Schenker, Dachser und Co. stehen unter Zugzwang. Sie müssen ihr Geschäft möglichst schnell anpassen. Als wäre das nicht genug, bekommen sie zunehmend neue Konkurrenz.

Seit einigen Jahren fließt viel Kapital in eine rasch wachsende Zahl an Start-ups im Logistikbereich. Wie die Strategieberatung Oliver Wyman in ihrer jährlichen Marktanalyse ermittelt hat, steckten Investoren allein 2017 rund 3,5 Milliarden US-Dollar in die Jungfirmen. Die Berater listen rund 30 Start-ups auf internationaler Ebene auf, die in den vergangenen zehn Jahren bereits jeweils mehr als 100 Millionen Dollar, zum Teil aber auch erheblich höhere Summen an Wagniskapital erhalten haben. Rund 90 Prozent der vergangenes Jahr investierten 3,5 Milliarden Dollar gingen dabei aber an amerikanische und asiatische Start-ups. Spitzenreiter sind zwei chinesische Unternehmen, die sogar jeweils Milliardenbeträge für die Entwicklung ihrer Konzepte zur Verfügung hatten.

„Davon sind wir im deutschsprachigen Raum weit entfernt“, sagt Logistik-Experte Max-Alexander Borreck von Oliver Wyman. Immerhin: Die Zahl der für die Branche interessanten Start-ups in Deutschland, Österreich und der Schweiz sei allein im zurückliegendem Jahr von zuvor knapp 40 auf über 60 gestiegen. Laut Borreck entwickeln sich einige der deutschen Gründungen aus der Start-up-Phase hinaus und werden zu ernstzunehmenden Logistikern.

Es droht das Ende klassischer Lieferketten

„Der Siegeszug der digitalen Transformation in der Logistik ist unaufhaltsam,“ sagt Joris D’Incà, Logistikexperte bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Ob Frachtvermittlung, Transportverfolgung, Sicherheit oder Abrechnung – schon heute gebe es für alle Bereiche datenbasierte intelligente Lösungen. „Für die gesamte Branche bedeutet das: Sie muss sich sehr ernsthaft auf disruptive Veränderungen einstellen.“ Die Zeit der klassischen Lieferkette mit ihren typischen Akteuren werde bald vorbei sein.

D’Incà empfiehlt Unternehmen mit Start-Ups zu kooperieren und sich gemeinsam auf die Zukunft vorzubereiten – oder aber in eigene Innovationen zu investieren. Erste Firmen beherzigen das bereits. Die Innovationsgeschwindkeit habe sich bereits im vergangenen Jahr enorm erhöht. Die weltweit größte Containerschiff-Reederei Maersk hat mit Twill eine eigene Digitalspedition ins Leben gerufen. DB Schenker nutzt für seine digitale Frachtbörse Drive4Schenker Technologie vom US-Start-up UShip, an dem sich der Konzern beteiligt hat. Das Logistikunternehmen Fiege kooperiert mit der Münchener Gründung Magazino in der Entwicklung von Robotern.

Trotz dieser Pilotprojekte reagiert die deutsche Branche der Bundesvereinigung für Logistik (BVL) zufolge noch zu zögerlich. Einer Studie des Verbands zufolge schätzen zwar 73 Prozent der befragten Unternehmer die Chancen, die sich durch eine digitale Transformation ergeben, als hoch bis sehr hoch ein. Mehr als die Hälfte der Antwortenden will aber noch abwarten, bis erprobte Lösungen vorliegen.

Das Bedürfnis, lieber auf Nummer sicher zu gehen und auf eine voll entwickelte Technologie zu warten, ist laut einem Positionspapier des Verbandes zwar verständlich, aber nicht zeitgemäß. In einer so schnelllebigen Zeit sei es falsch zu warten.