Rückblick 2021

Am 25. Juni kürten Accenture, EnBW und die WirtschaftsWoche in Düsseldorf die Gewinner des Deutschen Innovationpreises. Bosch Rexroth, WBT Industrie Elektromechanische Produkte und HHLA Sky haben die hochkarätig besetzte Jury überzeugt. Mit dem Sonderpreis „Innovator of the Year” wurde zudem Ingmar Hoerr, Gründer und mRNA-Pionier, geehrt. Alle Gewinner wurden bei einem feierlichen digitalen Event ausgezeichnet, bei dem neben weiteren Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft auch Peter Altmaier, Deutscher Bundesminister für Wirtschaft und Energie, zu Gast war. Der Deutsche Innovationspreis wurde bereits zum zwölften Mal von WirtschaftsWoche, Accenture und EnBW verliehen.
 

Großunternehmen


ctrlX Automation steht für komplett neuen Software- und Engineering-Ansatz

Maschinenbau und Software-Entwicklung verzahnen sich immer stärker. Bosch Rexroth entwickelte mit ctrlX Automation eine Automatisierungsplattform, die Automatisierung, IT-Technologie und das Internet of Things (IoT) in einem durchgängig offenen System verknüpft. Die offene und modulare Plattform hilft bei der effizienten Individualisierung von industriellen Apps und Automatisierungsanwendungen und bietet alle erforderlichen Soft- und Hardwarekomponenten für vollständige Systemlösungen. Individuelle Lösungen können so schneller in Betrieb gehen. Der neue Software- und Engineering-Ansatz bedeutet die vollkommene Abkehr von proprietären Strukturen und Systemen und schafft so eine neue Freiheit in der Welt der Automatisierung, weil sie Anwendern neue Handlungsspielräume beim Aufbau von Funktionen ermöglicht. ctrlX Automation ist seit 2019 im Markt und wird in 250 Projekten von 200 Kunden eingesetzt. Durch die maximal offene Softwarearchitektur und das komplette Hardwareportfolio bietet die Plattform nahezu unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten.

Mittelständische Unternehmen


WBT Industrie Elektromechanische Produkte vergoldet serienmäßig effizienter

WBT nutzt statt der herkömmlichen Galvanotechnik die präzisere Physical Vapor Deposition (PVD) als Vergoldungsmethode für Steckverbindungen in der Serienproduktion. WBT ist es gelungen, den Wirkungsgrad bei der Vergoldung mittels PVD von 20 auf 80 Prozent zu steigern. Die Innovation liegt in der Prozessoptimierung der Oberflächenpolierung mit Hochstrom und der anschließenden PVD Beschichtung. Die Prozesskombination aus Hochstrom Polierung und unmittelbar folgender 3D PVD Plasmabeschichtung mit Gold in Serienreife ist eine Weltneuheit. Steckverbindungen werden in der Regel aus Kupfer oder Messing hergestellt, dürfen aber nicht korrodieren und werden daher mit Edelmetallen wie Gold überzogen, damit Signale zuverlässig übertragen werden. In der vernetzten Welt werden diese Steckverbindungen immer wichtiger und schon mit diesem ersten Schritt verbesserte WBT den Korrosionsschutz. Die Entwicklung und Produktion findet ausschließlich in Deutschland statt und große Kunden wie Kimber Kable (USA), Esoteric (JP), HMS Kabel (Leverkusen) stehen auf der Referenzliste.

Start-ups


HHLA Sky managed mehrere Drohnen gleichzeitig

Die HHLA Sky ist eine Tochtergesellschaft der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), einer der kritischen Infrastrukturen Deutschlands. Regelmäßig müssen die System inspiziert werden und dabei kommen Drohnen zum Einsatz. Das weltweit erste und einzige System, entwickelt von der HHLA Sky, kann mehrere Drohnen parallel steuern und gleichzeitig überwachen und das außerhalb der Sichtweite. Die fliegenden Drohnen werden über LTE-Netze gesteuert. Dies ist technisch hoch anspruchsvoll. Bei technischen Inspektionen kann bis zu 70 Prozent und bei Überwachungsaufgaben oder Logistik-Anwendungen bis zu 60 Prozent der Zeit eingespart werden. Die von HHLA Sky entwickelte Plattform schaffte die Grundlage für den großtechnischen Einsatz von Drohnen. HHLA Sky ist Partner im Projekt „Urbaner Drohnenverkehr effizient organisiert UDVeo“, koordiniert von der Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg und gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI). Das System soll über System- und Lizenz-Partner vertrieben werden.

Die Nominierten 2021

 

Großunternehmen


IPS-i für die BMW Smart Factory der Zukunft agil entwickelt

IPS-i ist eine Identifikations- und Lokalisierungsplattform, die für den eigenen Konzern bei BMW entwickelt wird. Die Vision hinter IPS-i ist ein weltweites digitales Echtzeit-Abbild der Werke der BMW Group. Die Plattform erfasst die Positionsdaten sämtlicher am Produktionsprozess beteiligter Objekte und stellt sie bereit. Daten etwa aus GPS, RFID oder funkbasierter Inhouse-Ortungssysteme werden gesammelt und über eine standardisierte Schnittstelle allen Anwendern der gesamten Wertschöpfungskette zur Verfügung gestellt. Erst die durchgängige und transparente Lokalisierung aller Objekte im Prozess ermöglicht die Echtzeit-Steuerung einer vernetzten Produktion tausender Bauteile, Fahrzeuge oder Maschinen. IPS-i ist ein Beitrag zur Umsetzung von Industrie 4.0 und wichtige Entwicklung Richtung Smart Factory, die ausgehend von Dingolfing, Leipzig und München in 7 BMW Standorten schon eingesetzt wird und agil auf weitere Standorte ausgeweitet werden soll.

Digital-to-Walk etabliert digitale Infrastruktur für Orthopädie-Branche

Die Orthopädie-Branche ist mit vielen kleineren Handwerksbetrieben nach wie vor sehr heterogen und analog geprägt. Manuelle Arbeitsweisen bergen Nachteile für die Kunden und Qualitätsrisiken. Mit Digital-to-Walk soll eine einheitliche digitale Branchen-Infrastruktur etabliert werden, die sämtliche Funktionalitäten für eine erfolgreiche Versorgung mit Prothesen oder Orthesen auf einer zentralen Plattform bündelt. 3D-Körperscanner und 3D-Druck-Lösungen sind zentrale Bestandteile des iFab Customer Center. Zum Einsatz kommen aber auch sensorbasierte Ganganalyse und mit MyOttobock ein Account und Cockpit zur kontinuierlichen Datenerfassung im Nutzungszeitraum. Die Digital-to Walk-Plattform erhöht die Versorgungsqualität, beschleunigt den Versorgungsprozesses und senkt die Kosten. Die Marktchancen sind groß, denn 95 Prozent der Betriebe arbeiten noch analog und erste Referenzkunden sind bereits an Bord. Die additive Fertigung bedeutet nicht nur eine Steigerung der Effizienz, sondern auch weniger Abfall. Zudem können Patienten durch die Zeiteinsparung wieder schneller am Alltag teilhaben.

Mittelständische Unternehmen


Ingpuls erhöht Reinheit

Ingpuls hat die Reinheit von Nickel-Titan-Legierungen um den Faktor 10 erhöht. Diese sind als Nickel-Titan-Formgedächtnislegierungen vor allem in der Medizintechnik seit den 1990er Jahren etabliert. Ingpuls schaffte dies durch eine verbesserte Schmelz- und Schmiedetechnologie. Formgedächtnislegierungen sind spezielle Metalle, die etwa durch Einwirkung von Wärme oder Kälte ihre Form verändern, aber dabei immer in die frühere Form zurückfinden. Durch diese Produktinnovation entstehen neue Möglichkeiten für die Entwicklung von medizintechnischen Produkten und in weiteren Industrien, denn durch die erhöhte Reinheit des Materials verbessern sich das Formgedächtnis und die Stabilität. Die Technologie ist bereits marktreif und wird in großen Mengen hergestellt. Zu den Kunden gehören bereits heute namhafte Medizintechnikkonzerne und Automobilzulieferer.

Smart Reporting strukturiert Befunde im Gesundheitswesen

Smart Reporting schafft die Infrastruktur für Befunde, die für Data Mining, maschinelles Lernen und die Etablierung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen nötig ist. Unstrukturierte und individuelle Freitext-Befunde, die sich in Terminologie und Vollständigkeit stark unterscheiden und die zeitaufwendig erstellt werden, sind aktuell die Realität. So geht es besser: Smart Reporting ist ein Assistenzsystem, das die medizinische Dokumentation und Befunde strukturiert. Es coacht Ärzte dabei, einheitlich strukturierte Befunde zu erstellen, indem es einen umfangreichen Katalog an Befundvorlagen den Medizinern an die Hand gibt. Die Struktur und das maschinenlesbare Format ermöglichen erst den Einsatz von KI und dies datengeschützt. Mit Smart Radiology und Smart Pathology sind die ersten Produkte in renommierten Uni-Kliniken erfolgreich im Einsatz. Zudem besteht ein Vertriebspartner-Netzwerk mit den Großen der Branche. Smart Reporting entlastet das Gesundheitswesen: Die Zeitersparnis bei der Befundung liegt bei 45, die höhere Qualität bei 60 und die verbesserte Vollständigkeit von Befunden bei 80 Prozent. In der Corona-Krise stellte die Smart Reporting GmbH ein Tool in acht Sprachen Pro bono zur Verfügung.

Start-ups


ASCon setzt auf digitalen Zwilling in der Fertigung

Für die Industrie 4.0 und intelligente Fabriken ist die bisherige „trial-and-error-Methode“ – also der Bau von Modellen und Prototypen keine Option mehr. Hier setzt die ASCon ASCon Systems GmbH an und auf den Digitalen Zwilling (Digital Twin) in der Fertigung, der die digitale Planungswelt mit der realen Produktionswelt verbindet. ASCon steht für „Advanced Shopfloor Control“. Komplexe Industrieprozesse werden virtuell und kontextbasiert simuliert. Produktionsanlagen werden schon in der Planung zuverlässig abgesichert und im laufenden Betrieb überwacht und optimiert. Mitarbeiter benötigen keine Programmierkenntnisse. Jedes Unternehmen wird durch Einführung eines Digital Twin strategisch und operativ beweglicher. A Referenzkunden sind unter anderem: Daimler, Volkswagen, Audi oder Airbus. Die Geschäftstätigkeit wird 2021 zudem auf Märkte in Übersee ausgeweitet. Der Digitale Zwilling von ASCon schafft die Grundlage zur Umsetzung von Industrie 4.0 und wird von vielen Mittelständlern auf ihren brownfield Anlagen angewandt und sorgt so für den Bestandsschutz der nationalen Infrastruktur. SCon ist seit 2017 im Markt aktiv.

Caphenia gewinnt in einem Reaktor synthetischen Kraftstoff

Es geht um den Prozess zur Herstellung von Synthesegas aus Biogas, Kohlendioxid, Wasser und Strom aus erneuerbarer Energie – genannt „Power and Biogas to Liquid Verfahren“ (PBtL). Caphenia schafft mit seinem Prozess eine Reduktion des CO2 von bis zu 92 Prozent gegenüber fossilen Kraftstoffen. Das Ziel ist ein CO2-neutraler Kraftstoff, der in erster Linie in der Flugindustrie eingesetzt werden kann. Caphenia gelingt es, die Komplexität gegenüber anderen Verfahren zu reduzieren, denn es wird nur ein Reaktor benötigt. Das ist innovativ und hilft dabei, die chemischen Reaktionen gezielter zu steuern und führt zu einem hohen Wirkungsgrad, da überall im Reaktor Reaktionen stattfinden können. Das Verfahren gilt als vielversprechend, steht aber noch am Anfang und 2021 wird in Frankfurt-Höchst die erste PBtL-Anlage in Betrieb gehen. Die Investoren stammen vor allem aus der Luftfahrtindustrie und ab 2025 sollen mehrere kommerzielle Anlagen am Start sein mit dem Ziel die Luftfahrt zu dekarbonisieren.