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Antibiotika: Bazillen mit Bazillen bekämpfen

Forscher der Hochschule Hannover haben eine Methode entwickelt, mit der sich bei Milchkühen der Gebrauch von Antibiotika deutlich verringern lässt.

Wer zu oft Antibiotika einsetzt, riskiert neue resistente Keime heranzuzüchten, gegen die kein Medikament mehr wirkt. Was schon für die Behandlungen von harmloseren Krankheiten wie eine Erkältung gilt, wird besonders in der Massentierhaltung relevant. Forscher der Hochschule Hannover haben nun eine Methode gefunden, um weniger Antibiotika in der Tierzucht einsetzen zu können.

Mit guten Bakterien die schlechten bekämpfen – eine solche Therapie konnten sie erfolgreich bei Milchdrüsenentzündungen (Mastitis) an Kühen testen. In einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit rund 280.000 Euro geförderten Projekt hat die Hochschule einen Mix aus Milchsäurebakterien entwickelt, dessen Anwendung genauso heilsam sein soll wie eine übliche antibiotische Behandlung.

„Die entzündliche Reaktion der Milchdrüse zählt zu den bedeutendsten Erkrankungen hochleistender Milchkühe in Deutschland“, erklärt Projektleiter Volker Krömker von der Hochschule Hannover von Abteilung für Bioverfahrenstechnik. Ein erster Hinweis auf die Erkrankung könne sein, dass die Milch ausflockt, die der Landwirt dann nicht vermarkten kann. Entzünde sich der Euter einer Kuh, verordneten die Tierärzte daher sehr schnell Antibiotika, damit der Einnahmeausfall für den Bauern möglichst kurz bleibe.

Zunächst haben die Forscher im Labor Milchsäurebakterienstämme isoliert und ihre hemmende Wirkung auf die Krankheitserreger getestet. „Wir untersuchten auch, wie sich die Stämme an Hautzellen des Zitzenkanals und des Euters anlagern und ob sie einen Biofilm bilden“, erklärt Krömker. Auf diese Weise können die krankmachenden Keime verdrängen. Die anschließenden Versuche an Kühen unter kontrollierten Bedingungen zeigten, dass der ausgewählte Milchsäurebakterienstamm das Eindringen und das Vermehren der Entzündungen auslösenden Bakterien in der Milchdrüse bestmöglich verhindert.

Mit dieser Alternative ließe sich künftig die Zahl notwendiger Antibiotika-Behandlungen reduzieren, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Noch sei zwar kein marktreifes Produkt erhältlich. Die Hochschule Hannover strebe aber mit den Projektpartnern der Freien Universität Berlin und der Dr.-Windmann-Pharma-Gesellschaft (Ihrhove, Ostfriesland) die Entwicklung eines Therapeutikums bis zur Marktreife an.

Bis dahin sind noch weitere Untersuchungen und eine größere klinische Studie erforderlich, um die Wirksamkeit der Therapie auch im größeren Rahmen zu belegen.

„Milch von antibiotisch behandelten Kühen können die Betriebe nicht an Molkereien abliefern“, so Krömker. Der wirtschaftliche Verlust für die Milchviehbetriebe sei nicht zu unterschätzen. Zudem wirke das altbekannte Mittel Penicillin beispielsweise beim einem der häufigsten Mastitis-Erreger, Staphylococcus aureus, immer weniger. Der Grund: Es haben sich widerstandsfähige Keime gebildet, die gegen das Antibiotikum resistent sind.

„Jeder Einsatz von Antibiotika trägt dazu bei, dass Organismen entstehen und sich vermehren, bei denen diese Antibiotika nicht mehr wirken“, erklärt Dr. Hans-Christian Schaefer, DBU-Fachreferent für Biotechnologie. 2017 wurden nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Deutschland 733 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben, der Großteil davon werde in Nutztierställen eingesetzt. Insgesamt sei die Menge zwar gesunken – 2011 waren es noch 1706 Tonnen – aber ein erheblicher Teil dieser Antibiotika gelange weiterhin über Gülle und Mist in die Umwelt und fördere die Entwicklung resistenter Keime, die womöglich auch den Menschen gefährden könnten.